Stellungnahme zum Gesamtkonzept des inklusiven Schulsystems, insbesondere für hörbehinderte Kinder

Stellungnahme zum Gesamtkonzept des inklusiven Schulsystems, insbesondere für hörbehinderte Kinder

Die aktuelle Veröffentlichung des Deutschen Instituts für Menschenrechte „Schulische Inklusion wirksam umsetzen“ stellt das Gesamtkonzepts zur Umstrukturierung allgemeiner zu inklusiven Schulen vor, das den systematischen und schrittweisen Abbau von Förderschulstandorten vorsieht. Wir stellen fest, dass das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung allgemeiner zu inklusiven Schulen insbesondere hörbehinderte Kinder diskriminiert, da es nicht alle Aspekte für hörbehinderte Kinder berücksichtigt wurden und somit die Gebärdensprachgemeinschaft mit ihrer traditionsreichen Gehörlosenkultur durch lautsprachliche Privilegien und auch durch Einzelinklusion bzw. einzelne kleine Peergroups zerstört wird. Auch wenn das inklusive Gesamtkonzept die Einbeziehung der bimodalen und bilingualen Beschulung von gehörlosen und hochgradig schwerhörigen Schüler*innen in Regelschulen vorsieht, werden wichtige Aspekte übersehen. Aufgrund der wohnortnahen Beschulung werden die hörbehinderten Kinder in der Regel als Einzelinklusion in der inklusiven Regelschule beschult. Auch, wenn sie mit anderen behinderten Kindern in einer Klasse zusammen sind, haben die anderen behinderten Kinder ein lautsprachliches Privileg, weshalb die hörbehinderten Kinder in der lautsprachlichen Kommunikation benachteiligt sind. Infolgedessen haben hörbehinderte Kinder nicht die gleichen Chancen (Artikel 24 Absatz 1 UN-BRK-Chancengleichheit) auf Kommunikation im Unterricht und auf Demokratie in der Klasse.

In Nordrhein-Westfalen gibt es seit den 1980er Jahren die Möglichkeit für hörbehinderte Kinder, in der allgemeinen Schule beschult zu werden. Diese 40-jährige Erfahrung zeigt, wie schwierig es ist, sprachbarrierefreien Unterricht für hörbehinderte Kinder in der Regelschule umzusetzen. Es gibt verschiedene Gründe, warum viele hörbehinderte Kinder im Laufe der Zeit von Regelschulen zu Förderschulen wechseln. Zwei wichtige Gründe sind, dass sie in der Regelschule aufgrund ihrer Hörschädigung Schwierigkeiten haben, dem Unterricht zu folgen und mit ihren hörenden Mitschülerinnen und Mitschülern zu kommunizieren, was zu einem Gefühl der Isolation und der Ausgrenzung führt. Ein weiterer Grund für den Wechsel zu Förderschulen kann sein, dass hörbehinderte Kinder in Regelschulen aufgrund ihrer Hörschädigung Schwierigkeiten haben, den Anforderungen des Lehrplans zu folgen, insbesondere im Bereich der Lautsprache. In Förderschulen können sie in kleineren Klassen und mit einem speziell auf ihre Bedürfnisse abgestimmten Lehrplan arbeiten, was ihnen helfen kann, ihr Potenzial auszuschöpfen. In NRW können hörbehinderte Kinder an Regel- und Förderschulen folgende Schulabschlüsse erreichen: Hauptschulabschluss (nach Klasse 9 und nach Klasse 10), Fachoberschulreife (Mittlerer Schulabschluss/ Realschulabschluss), Fachhochschulreife und Allgemeine Hochschulreife (Abitur). In NRW gibt es:

  • 12 Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt (FSP) Hören und Kommunikation (mit den Bereichen Förderschulkindergarten, Grundschule und Hauptschule (Hauptschulabschluss oder Realschulabschluss)),
  • 1 Förderrealschule FSP Hören und Kommunikation (Realschulabschluss),
  • 1 Förderberufskolleg mit beruflichem Gymnasium FSP Hören und Kommunikation (Hochschulreife oder Fachhochschulreife).

Die Aussage des DIMR „Der Aussonderung in Förderschulen, die in der Regel ohne Schulabschluss beendet werden“ betrifft die o.g. Förderschulen FSP Hören und Kommunikation nicht.

In jüngster Zeit gibt es bundesweit zahlreiche Schulversuche zur Beschulung gehörloser und hochgradig schwerhöriger Kinder in Regelschulen, vor allem in Grundschulen mit Dolmetschereinsatz. Nach der regulären Grundschule besuchen die meisten hörbehinderten Kinder eine weiterführende Förderschule für Hörbehinderte.

Für ein besseres Verständnis der Situation ist ein Rückblick in die Vergangenheit erforderlich: Die Gebärdensprachgemeinschaft mit ihrer traditionsreichen Gehörlosenkultur ist durch die Gehörlosenschulen entstanden. Vor ca. 300 Jahren waren die Gehörlosen in der Gesellschaft völlig isoliert. Viele Familien versteckten ihre gehörlosen Kinder. Die Gründer der Gehörlosenschulen suchten die gehörlosen Kinder und unterrichteten sie. Wenn sich mehrere gehörlose Kinder trafen, kommunizierten sie mit den Händen, obwohl die Gründer in Deutschland versuchten, die Kommunikation mit den Händen zu verbieten, um sich auf das Sprechen zu konzentrieren. Die Gehörlosenschule war die erste Schule für Menschen mit Behinderungen. In der Gehörlosengemeinschaft entwickelt sich die Gehörlosenkultur, in der die Gehörlosen ihre sprachliche Identität entwickeln können. Die Gebärdensprachgemeinschaft ist eine
gebärdensprachliche Inklusion, d.h. eine Gruppe von Menschen, die eine gemeinsame Gebärdensprache als Primärsprache verwenden. Diese Gemeinschaften können sich auf regionaler, nationaler oder internationaler Ebene bilden und umfassen in der Regel gehörlose, schwerhörige und hörende Menschen, die die Gebärdensprache als ihre bevorzugte Kommunikationsform verwenden. Die Gebärdensprachgemeinschaft hat ihre eigene Kultur, Geschichte und Traditionen, die sich von der hörenden Gemeinschaft unterscheiden können.

Im Gegensatz zu den Behindertengruppen, in denen alle Menschen hören können, stellt die Gebärdensprachgemeinschaft als sprachliche Minderheit eine Besonderheit dar, die nicht einfach ignoriert werden.

Mögliches Gesamtkonzept zur Umstrukturierung zu inklusiven Schulen

Das Gesamtkonzept zur Umstrukturierung zu inklusiven Schulen muss folgenden wichtigen Aspekt berücksichtigen, um die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung hörbehinderter Kinder zu gewährleisten:

Schutz und Förderung der Gebärdensprachgemeinschaft als sprachliche Minderheit:

Die Deutsche Gebärdensprache (DGS) bildet das soziale und kulturelle Fundament der Gehörlosengemeinschaft in Deutschland. Die Bildungsinstitutionen und die Gemeinschaften vermitteln ihr Wissen rund um diese Sprache und Gehörlosenkultur. Die Umstrukturierung der Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation zu inklusiven Gebärdensprachschulen sichert die Gebärdensprachgemeinschaft, indem hörbehinderten Kinder das Privileg der Gebärdensprache in ihrer großen Peergruppe (mit mindestens 6 hörbehinderten Kindern) erleben können. Auch die Lehrkräfte, Mitarbeitenden, Fachkräften auf allen Ebenen des Bildungswesens kommunizieren in Gebärdensprache. Somit gestaltet sich diese Schule als sprachbarrierefrei für hörbehinderten Kinder. Die Gebärdensprachgemeinschaft in einer inklusiven Schule funktioniert, wenn große Peergruppen in verschiedenen Klassenstufen bestehen. Um das Privileg der Gebärdensprache in der inklusiven Gebärdensprachschule zu erhalten, sollte die Klassengröße wie bisher in der Schule mit dem Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation auf maximal 14 begrenzt werden z.B. 10 hörbehinderte und 4 hörende Kinder (z.B. hörende Kinder von gehörlosen Eltern oder andere hörende Kinder). Dazu sollten die hörbehinderten gebärdensprachkompetenten Lehrkräfte als Sprachvorbilder fungieren. Die inklusive Gebärdensprachschule hat auch die Aufgabe, die Teilhabe hörbehinderter Kinder am kulturellen Leben zu fördern (Artikel 30 Absatz 4 UN-BRK). Somit gewährleisten die inklusiven Gebärdensprachschulen die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung hörbehinderter Kinder, wie es die UN-Behindertenrechtskonvention in Artikel 24 Absatz 3c vorsieht.

Rechtliche Grundlagen:

  • In Deutschland wurde die Deutsche Gebärdensprache im Jahr 2002 durch das Behindertengleichstellungsgesetz anerkannt.
  • Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsverordnung sonderpädagogische Förderung – AO-SF vom 29. April 2005 (NRW)) Artikel §23 (2): Die Lautsprache und die Gebärdensprache sind gleichberechtigte Kommunikationsformen in allen Fächern und §23 (3) …Deutsche Gebärdensprache (DGS) als eigenständiges weiteres Fach der Stundentafel…
  • UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24 Bildung
    3 b: Die Vertragsstaaten erleichtern das Erlernen der Gebärdensprache und die Förderung der sprachlichen Identität der Gehörlosen.
    3 c: Die Vertragsstaaten stellen sie sicher, dass blinden, gehörlosen oder taubblinden Menschen, insbesondere Kindern, Bildung in den Sprachen und Kommunikationsformen und mit den Kommunikationsmitteln, die für den Einzelnen am besten geeignet sind, sowie in einem Umfeld vermittelt wird, das die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung gestattet.
  • UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24 Bildung 4: Um zur Verwirklichung dieses Rechts beizutragen, treffen die Vertragsstaaten geeignete Maßnahmen zur Einstellung von Lehrkräften, einschließlich solcher mit Behinderungen, die in Gebärdensprache oder Brailleschrift ausgebildet sind, und zur Schulung von Fachkräften sowie Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen auf allen Ebenen des Bildungswesens. Diese Schulung schließt die Schärfung des Bewusstseins für Behinderungen und die Verwendung geeigneter ergänzender und alternativer Formen, Mittel und Formate der Kommunikation sowie pädagogische Verfahren und Materialien zur Unterstützung von Menschen mit Behinderungen ein.
  • UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 30 Teilhabe am kulturellen Leben 4: Menschen mit Behinderungen haben gleichberechtigt mit anderem Anspruch auf Anerkennung und Unterstützung ihrer spezifischen kulturellen und sprachlichen Identität, einschließlich der Gebärdensprachen und der Gehörlosenkultur.
  • In NRW wurde die Deutsche Gebärdensprache im Jahr 2016 durch das Inklusionsgrundsätzegesetz anerkannt.
  • Deutsche Gebärdensprache ist als Immaterielles Kulturerbe der UNESCO anerkannt.

Barrierefreiheit für Kinder mit Hörbehinderung:

Die Wahrnehmung der deutschen Lautsprache stellt trotz optimaler Hörhilfen (wie digitale Hörgeräte oder Cochlea-Implantate) eine Sprachbarriere dar. Die Wahrnehmung der Gebärdensprache stellt für hörbehinderte Kinder keine Sprachbarriere dar. Hörbehinderte Kinder erlernen die Gebärdensprache in der Regel schnell, da sie für hörbehinderte Kinder barrierefrei ist. Voraussetzung dafür ist, dass die hörbehinderten Kinder die Gebärdensprache in der Gebärdensprachgemeinschaft erlernen. Erlernen hörbehinderten Kinder die Gebärdensprache durch einzelne Erwachsene, wie z.B. Gebärdensprachlehrerinnen und -Lehrer oder Gebärdensprachdolmetscherinnen und -Dolmetscher, also nicht in der Gebärdensprachgemeinschaft, so kann sich daraus eine sozial-sprachliche Störung entwickeln, da sie keine sprachliche Identität entwickeln können.

Barrierefreie Schule für Kinder mit Hörbehinderung:

  • gesamtes Personal muss gebärden können, wie z.B. Lehrkräfte mit mindestens C1-Gebärdensprachkompetenz, SchulleiterInnen, SekretärInnen, HausmeisterInnen, IntegrationshelferInnen, SchulsozialarbeiterInnen mit mindestens B2-Gebärdensprachkompetenz.
  • Lichtsignale wie die für die Pause, Regenpause, Feueralarm, Terroralarm in allen Schulräumen (Büro, Flur, WC, Klassenräume) leuchten
  • Ausstattung mit Teppich und Vorhang in den Klassenräumen, um akustische Störung zu reduzieren
  • Ausstattung Hörhilfen mit FM-Anlagen, Mikrofon, spezifischen Lautsprechern in den Klassenräumen
  • Optische Mitteilung per Monitor in den Klassenräumen
  • Gehörlosenkultur und sprachliche Identität fördern.

Barrierefreier Sprachunterricht für hörbehinderten Kinder:
Inklusion bedeutet gemeinsames Lernen. Niemand darf gesondert behandelt werden. Der Sprachunterricht im mündlichen (lautsprachlichen) Kompetenzbereich „Sprechen und Zuhören“ in den Fächern Deutsch, Englisch etc. diskriminiert hörbehinderte Kinder. Das heißt, dass „Sprechen und Zuhören in der Lautsprache“ ein Audismus ist, also eine Diskriminierung hörbehinderter Kinder.
Deshalb brauchen hörbehinderte Kinder eine andere Förderung, z.B. eine bimodal-bilinguale Förderung. Eine optimale bimodal-bilinguale Förderung setzt voraus, dass die hörbehinderten Kinder in ihrer großen Peergroup die Sprache gemeinsam visuell lernen. Nach dem Gesamtkonzept des Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMR) wird das hörbehinderte Kind als Einzelinklusion in der inklusiven Schule zwangsweise aus dem Klassenverband herausgenommen, um es bimodal/bilingual zu fördern und vor dem Audismus zu schützen. Dies geschieht in den Fächern Deutsch, Englisch und weiteren lautsprachlichen Fremdsprachen. Dies widerspricht aber dem Sinn der Inklusion.

Außerdem werden die viele Materialien für Sprachunterricht verwendet, die hörbehinderte Kinder diskriminieren, z.B. Hörbücher. Dies kann nicht durch einen Nachteilsausgleich ausgeglichen werden, z.B. Übersetzung durch GebärdensprachdolmetscherIn (Siehe Gebärdensprachdolmetschen im Unterricht).
Änderungen für das Fach Deutsch, weil Deutsch meist eine Fremdsprache für hochgradige hörbehinderte Kinder darstellt. Deshalb brauchen sie einen anderen Unterrichtaufbau und andere Förderung als hörende Kinder:

  • keine Laute/Silben
  • Kombination aus Fingeralphabet und Buchstaben
  • von Anfang an ganze Wörter merken
  • bimodal-bilinguale Förderung: lesen, schreiben und in Deutsche Gebärdensprache wiedergeben
  • individuelle Förderung des Sprechens und Hörens für leichtgradig hörbehinderte Kinder (Laute/Silben möglich)

Änderungen sind auch für Englisch nötig:

  • anderer Unterrichtaufbau und Förderung als für hörende Kinder
  • man soll für mündlich Amerikanische Gebärdensprache (ASL) statt Deutsche Gebärdensprache (DGS) verwenden
  • bilinguale Förderung Lesen, Schreiben und in ASL wiedergeben
  • individuelle Förderung des Sprechens und Hörens für leichtgradig hörbehinderte Kinder

Einführung des Faches Deutsche Gebärdensprache:

  • Sprachlabor (Raum mit technischer Ausstattung wie WLAN, Green/Blue Screen, Tablets, Videokamera, digitale Tafel usw.)
  • einsprachiger Unterricht
  • Visualisierung
  • muttersprachliche Vorbilder
  • authentische Sprachverwendungssituation
  • Gehörlosenkultur
  • sprachliche Identität für hörbehinderte Kinder
  • 90% gehörloser Kinder haben hörende Eltern. Sie müssen die DGS lernen.
  • ab Klasse 1, besser aber bereits in der Frühförderung (mit Feststellen der Hörbehinderung)

Gebärdensprachdolmetschen im Unterricht:

Warum der Einsatz der GebärdensprachdolmetscherIn im Unterricht nicht 100% barrierefrei ist:
Obwohl der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschern im Unterricht eine wichtige Unterstützung für gehörlose und schwerhörige Schülerinnen und Schüler darstellt, ist er nicht barrierefrei. Hier sind einige Gründe, warum dies der Fall sein kann:

  • Schwierigkeit der 1:1 Übersetzung:
    Eine 1: 1-Übersetzung bei Gebärdensprachdolmetschern ist schwierig, da Gebärdensprache und gesprochene Sprache unterschiedliche Strukturen und Grammatiken haben. Gebärdensprache ist eine visuelle Sprache, die durch Gesten, Mimik und Körperhaltung kommuniziert wird, während gesprochene Sprache auf der Verwendung von Lauten und Wörtern basiert. Ein Gebärdensprachdolmetscher muss daher nicht nur die Wörter übersetzen, sondern auch die Bedeutung und den Kontext der gesprochenen Sprache in Gebärdensprache übertragen. Dies erfordert ein hohes Maß an Sprachkompetenz und kulturellem Verständnis, um sicherzustellen, dass die Botschaft korrekt und vollständig übermittelt wird. Es lässt sich nicht vermeiden, dass es häufig zu Missverständnissen kommt, die zu Fehlern in der Übersetzung führen.
  • Mangelnde Verfügbarkeit von Gebärdensprachdolmetschern:
    Es gibt nicht genügend Gebärdensprachdolmetscher, um die Nachfrage zu decken. Dies kann dazu führen, dass Schülerinnen und Schüler nicht immer Zugang zu einem Dolmetscher haben, wenn sie ihn benötigen.
  • Qualifikation der Dolmetscher:
    Nicht alle Gebärdensprachdolmetscher haben die gleiche Qualifikation und Erfahrung. Einige Dolmetscher können Schwierigkeiten haben, komplexe Konzepte oder Fachbegriffe zu übersetzen, was zu Verständnisschwierigkeiten führen kann.
  • Störungen im Unterricht:
    Der Einsatz von Gebärdensprachdolmetschenden kann zu Störungen im Unterricht führen, da die Schülerinnen und Schüler möglicherweise nicht in der Lage sind, sich auf den Unterricht zu konzentrieren, wenn sie ständig auf den Dolmetschenden achten müssen.
  • Kulturelle Unterschiede:
    Gebärdensprachdolmetschende müssen auch kulturelle Unterschiede berücksichtigen, die sich auf die Kommunikation auswirken können. Wenn der Dolmetschende nicht mit der Kultur der Schülerinnen und Schüler vertraut ist, kann dies zu Missverständnissen führen.

Vergleich zwischen allgemeiner Schule zu inklusiver Schule und Förderschule Hören
und Kommunikation zur inklusiven Gebärdensprachschule

Bereicheallgemeine Schule zur inklusiven
Schule
wohnortnahe Beschulung
Förderschule Hören und
Kommunikation zur
inklusiven
Gebärdensprachschule
Kommunikation
in der Schule

– nicht sprachbarrierefrei
– lautsprachliches Privileg
– nicht alle (Mitarbeitende und
Schülerschaft) können gebärden
– Unterstützung von
Gebärdensprachdolmetschern
bietet keine Chancengleichheit in der
Kommunikation
– Einsatz von gebärdenkompetenten
Lehrkräften (durchgehend?/ phasenweise)
– sprachbarrierefrei
– gebärdensprachliches
Privileg
– alle (Mitarbeitende
und Schülerschaft)
können gebärden
barrierefreie Ausstattung– FM-Anlage
– Lautsprecher
– Teppich
– Vorhang
– Lichtsignale
– Mitteilungsmonitor
– FM-Anlage
– Lautsprecher
angepasstes
Unterrichtsfach Deutsch
schwierig umzusetzen:
– Einzelförderung?
– Zusammenarbeit mit
Deutschlehrerin/ -Lehrer und
gebärdensprachkompetenter
Lehrkraft möglich?
– bimodal-bilinguale Förderung möglich?
ja, ohne Problem
angepasstes
Unterrichtsfach Englisch
schwierig umzusetzen:
– Einzelförderung?
– Zusammenarbeit mit Englischlehrerin/
-Lehrer und gebärdensprachkompetenter
Lehrkraft möglich?
– bimodal-bilinguale Förderung möglich?
möglich
Fach Deutsche
Gebärdensprache
– phasenweise bzw. Wahlpflichtfach
DGS für alle?
– Einzelförderung?
– Abhängig von verfügbarer Lehrkraft
– DGS-Raum mit technischer Ausstattung?
– durchgehend wie Fach
Deutsch ab Klasse 1
– Sprachlaborraum möglich
bimodal-bilinguale
Förderung
– phasenweise
– Einzelförderung?
– Abhängig von verfügbarer Lehrkraft
Ja, durchgehend
psychosozialer AspektAufgrund der sprachlich-kommunikativen Einschränkung fällt es hörbehinderten
Kinder schwerer, Freundschaften und
soziale Kontakte mit ihren Klassenkameraden einzugehen und diese aufrechtzuhalten.
Dies kann dazu führen, dass sie sich isoliert
und einsam fühlen. Erhöhte Gefahr für
Mobbingopfer
Peergruppe wie bei
nichtbehinderten Kindern
mit gleicher Sprache
Wird Gebärdensprach-gemeinschaft in der Schule gefördert?
nein,
Peergruppe kaum möglich
Es ist fraglich, ob die gehörlosen
Lehrkräfte in dieser inklusiven
Schule arbeiten wollen. Die kleine
Umfrage zeigt, dass die große
Mehrheit der gehörlosen Lehrkräfte
nicht in dieser inklusiven Schule
arbeiten will.
ja,
Peergruppe Sprachvorbild von hörbehinderter Lehrkraft
(Jeder Förderschule mit
Förderschwerpunkt Hören
und Kommunikation in
NRW hat mindestens eine
hörbehinderte Lehrkraft)

Das Gesamtkonzept der Umstrukturierung der allgemeinen Schule zu einer inklusiven Schule, an
der hörbehinderte Kinder teilnehmen sollen (müssen), verstößt in einigen Punkten gegen die
allgemeinen Grundsätze der UN-Behindertenrechtskonvention (Artikel 3 UN-BRK):

  1. a) die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit:
    Hörbehinderte Kinder erleben in der inklusiven Schule eine geringe Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, da nicht alle gebärden können. Als Folge muss die Gebärdensprachdolmetschkraft das hörbehinderte Kind permanent begleiten, um mit nicht gebärdenkompetenten Personen kommunizieren zu können, z.B. Schulleitung, Sekretariat, einige Schülerinnen und Schüler etc. Auch fehlendes Verständnis dafür , wie was das hörbehinderte Kind mit seiner Kultur ausmacht, wenn die nicht gebärdenkompetenten Personen nicht in die Gebärdensprachkultur eingetaucht sind und das Wissen darüber erworben haben. Diese Bedingung und Situation schränkt die Autonomie des hörbehinderten Kindes ein. Es ist nicht unabhängig, weil die Gebärdensprachdolmetschkraft das hörbehinderte Kind in der inklusiven Schule begleiten muss. Es ist nicht vorstellbar, dass alle Personen in der inklusiven Schule die Gebärdensprache erlernen müssen, um diese Schule sprachbarrierefrei zu gestalten. Dagegen ist die inklusive Gebärdensprachschule für das hörbehinderte Kind die bessere Option und verstößt nicht gegen diesen Punkt. In der inklusiven Gebärdensprachschule erfahren die hörbehinderten Kinder den Respekt vor dem Menschen innewohnenden Würde, weil über diesen Respekt direkt gebärdet wird. Das hörbehinderte Kind bewegt sich frei ohne Gebärdensprachdolmetschkraft in dieser Gebärdensprachschule.
  2. die Nichtdiskriminierung:
    Die inklusive Schule ist nicht frei von Diskriminierung für hörbehinderte Kinder:
    Lautsprecherdurchsagen, auditive Signale, auditive Unterrichtsmaterialien, Filme ohne Untertitel, Ausfall des Einsatzes von Gebärdensprachlehrkräften bzw. Gebärdensprachdolmetschkräften, mangelndes Wissen über Gebärdensprachkultur etc.
  3. die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft:
    Die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft ist für ein hörbehindertes Kind ist nur möglich, wenn es zwischen der Gebärdensprachgemeinschaft in der Gesellschaft und der hörenden Gemeinschaft mit lautsprachlichen Privilegien in der Gesellschaft mit Gebärdensprachdolmetschkraft pendelt, so dass die Einbeziehung in die Gesellschaft gelingt. Dies ist nur mit der inklusiven Gebärdensprachschule möglich.
  4. die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit:
    Dieser Respekt muss von den unterschiedlichen Menschen direkt gebärdet werden. Es wird für ein hörbehindertes Kind schwierig sein, diesen Respekt durch Dolmetschen zu erfahren, da die Authentizität dieses Respekts verloren geht. Außerdem gibt es hörbehinderte Menschen mit zusätzlichen Behinderungen, die ohne Schwierigkeit an der inklusiven Gebärdensprachschule teilnehmen können.
  5. die Chancengleichheit:
    In der inklusiven Schule haben die hörbehinderten Kinder aufgrund von lautsprachlichen Privilegien keine Chancengleichheit in der Kommunikation, in der Bewertung in bestimmten Fächern und in der schulischen Demokratie.
  6. die Zugänglichkeit:
    Aufgrund der vorherrschenden lautsprachlichen Kommunikation durch nichtgebärdenkompetente Personen ist die Zugänglichkeit für hörbehinderte Kinder in der inklusiven Schule stark eingeschränkt. Auch in Abhängigkeit von der Gebärdensprachdolmetschkraft ist die Zugänglichkeit für hörbehinderte Kinder in der inklusiven Schule etwas eingeschränkt. (siehe Gebärdensprachdolmetschen im Unterricht)
  7. die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.

Dieser Respekt muss direkt gebärdet werden. Nur die Gebärdensprachgemeinschaft mit der inklusiven Gebärdensprachschule kann die Identität des hörbehinderten Kindes bewahren.

Wichtigste Aspekte zeigen, warum die Umstrukturierung von Förderschulen mit Förderschwerpunkt Hören und Kommunikation zur inklusiven Gebärdensprachschule für hörbehinderten Kinder unabdingbar ist und die bestmögliche schulische und soziale Entwicklung für hörbehinderten Kinder bietet, wie die UN-Behindertenrechtskonvention Artikel 24 Bildung 3 c es vorsieht.

Die folgende Abbildung zeigt, dass die allgemeine Inklusion die gebärdensprachliche Inklusion einschließt, da die Gebärdensprachgemeinschaft inklusiv ist, weil hörende Menschen durch das Erlernen der Gebärdensprache und ihrer Kultur an der Gebärdensprachgemeinschaft teilhaben können. Man kann von „gebärdensprachlicher Inklusion“ sprechen.

Der Vorstand des Landeselternverbandes
gehörloser und schwerhöriger Kinder und Jugendlicher NRW e.V.

Die gesamte Stellungnahme als PDF zum Download: